Anatha
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Orient Magazin

Titelblatt des Orient Magazins Nr. 1, Jahrgang 17, veröffentlicht April 2011 (im Heft ist auch ein kleiner Artikel über Ánathas Studio – ein längerer Artikel über ihre Show folgt im nächsten Heft)

Artikel erschienen im Orient Magazin, Mai 2005:

Interview mit Ánatha “Entspannung und Phantasie”

Vor gut einem Jahr hast Du Dein neues Studio eröffnet. Warum war es Dir so wichtig, ein eigenes Studio zu haben. Das war ja erst einmal auch mit sehr viel Kosten verbunden?

Im September 2003 wurde mir der Raum, in dem ich fast 20 Jahre unterrichtet habe, gekündigt. Er gehörte zu einer Krankengymnastenpraxis, die Tochter hatte sie von der Mutter übernommen und wollte jetzt Fitnessgeräte in „meinen“ Raum stellen. Erst einmal habe ich versucht, einen anderen Raum zu finden. Das ist mir nicht gelungen und den Unterricht wollte ich nicht auf verschiedene Orte aufteilen. So blieb mir nichts anderes übrig, als ein eigenes Studio aufzumachen. Und jetzt bin ich so froh, dass es sich so entwickelt hat.

Ich stand furchtbar unter Druck, am liebsten hätte sie mich sofort rausgesetzt, ich hatte auch keinen Mietvertrag und habe über Monate jeden Tag nach geeigneten Räumen gesucht. Die Mieten für gewerbliche Räume sind in Frankfurt sehr hoch und ich habe viele Ängste durchgestanden, dass es finanziell nicht klappen würde. Vorher hatte ich eine sehr niedrige Miete und mich sozusagen in meiner Nische eingerichtet. Wobei ich im Nachhinein sagen muss, dass diese Ängste vor dem finanziellen Desaster nicht nötig waren, aber dass wusste ich natürlich vorher nicht.

Es war sehr mühevoll, die Räume zu finden. Außerdem stand in der Mitte des Tanzraumes eine Säule, die durch einen Balken in der Decke ersetzt werden musste, und es war eine umfangreiche Renovierung nötig. Ich durfte zwar umbauen, aber die Kosten habe ich alle selber getragen. Als dann die Umbauarbeiten anfingen, gab es dann auch noch statische und bautechnische Probleme und die Lösungen waren nicht einfach.

Wie ist Dein Studio ausgestattet?

Das Studio hat ungefähr 110 qm, der Tanzraum ist 67 qm groß und hat eine Spiegelwand von 7 Metern. Es hat einen wunderschönen Holzboden und die Wände sind in einem warmen Sonnengelb und Apricot gestrichen. Betritt man das Studio, kommt man zuerst in einen Vorraum mit einer orientalischen Sitzecke, einer Informationsecke und meiner orientalischen Leihbibliothek. Von dort geht es einerseits in den Tanzraum und anderseits in den Umzieh- und Aufenthaltsraum. Ich habe eine Waschgelegenheit und eine Teeküche einbauen lassen. Zu den Ausbildungswochenenden kommen viele Frauen von auswärts und es gibt immer einige, die gerne im Studio übernachten, um Geld zu sparen. Außerdem ist es ganz schön, den Abend mit anderen Frauen zu verbringen. Es gibt auch einen Tisch, der anbaufähig ist, so dass 12 Frauen daran Platz haben. Und bei Studiofesten ist er auch sehr brauchbar. Mit den neuen Räumen habe ich viel mehr Möglichkeiten als früher, der Tanzraum ist auch größer und ich genieße es sehr dieses Studio zu haben.

Nun gibt es derzeit natürlich viele Kursangebote im Bereich orientalischer Tanz. Welche Schwerpunkte setzt Du in Deinem Studioprogramm?

Es gibt viele Lehrerinnen in Frankfurt, aber neben meinem Studio nur noch das Studio Orienta mit eigenen Räumen. Ein Studio hat ein größeres und breiteres Angebot, das ist bei mir jetzt auch so. Es gibt Studiofeste und mehr Workshops mit Gastdozentinnen. Ich gebe 7 Kurse von Anfängerinnen bis weit Fortgeschrittene, so dass für jedes Niveau etwas dabei ist. Die Frauen haben auch die Möglichkeit in den verschiedenen Kursen Stunden nachzuholen. Aber zurück zu den Schwerpunkten. Mir ist eine gute Technik sehr wichtig. Da ich schon seit 1986 Lehrerinnen ausbilde, habe ich immer viel Zeit und Energie aufgebracht, um Bewegungsabläufe genau auseinanderzunehmen und zu erklären. In der Ausbildung gibt es all das auch schriftlich. Ich korrigiere sehr viel und gebe Hilfestellungen. In den Kursen kümmere ich um jede Frau und sehe oft sofort, wo die Schwachpunkte liegen. Und durch die 24 Jahre Unterrichtserfahrung sehe ich immer besser und schneller, was nötig ist, damit eine Frau Fortschritte macht. In dem Zusammenhang sind auch die Körperübungen vor dem Tanzen ein Schwerpunkt meiner Arbeit. Schon immer gab es ein Paket von Entspannungs-, Stärkungs- und Dehnungsübungen der Muskulatur, Yogaübungen und viele Übungen vor den Rücken. Vor zwei Jahren habe ich eine Trainerin gefunden, die mit der Egoescue-Methode arbeitet. Es ist vor allem ein Übungsprogramm bei chronischen Schmerzen des Bewegungsapparates, es hat aber auch eine Sequenz von Übungen zur Gesunderhaltung von Muskeln und Gelenken und Erweiterung der Bewegungsfähigkeit. Davon bringe ich immer mehr Übungen in den Untericht ein und bin ganz begeistert davon. Es gibt in meinen Kursen ettliche Frauen mit irgendwelchen Schmerzen oder Bewegungseinschränkungen und gerade aus diesen Gründen kommen ja auch viele Frauen zu mir zum Bauchtanz. Und ich weiß auch, dass viele Lehrerinnen zeitweise oder häufig körperliche Probleme haben. Das ist auch nicht verwunderlich. Wir benutzen und strapazieren teilweise unseren Körper schon heftig. Wenn die Knochen- und Muskelstruktur nicht perfekt ausgerichtet ist (und bei wem ist das schon so), dann werden die Muskeln einseitig und falsch belastet und übernehmen Aufgaben für die sie nicht gemacht sind, während andere Muskeln sich auf die faule Haut legen. Irgendwann wird das durch Schmerzen deutlich, manchmal mit 20 Jahren und manchmal mit 60 Jahren. Ich wünsche mir aber, dass wir alle noch sehr, sehr lange mit Vergnügen tanzen können und dass es eine stetige Weiterentwicklung des Körpers gibt. Das ist jedenfalls bei mir so, ich war in meinem Leben körperlich noch nie so fit.

Was bietest Du in Deinem Programm an?

Natürlich unterrichte ich Raks Sharqi und Baladi, Stocktanz und Zimbeln, eben die klassische Palette es orientalischen Tanzes. Aber in den Kursen und Workshops ist auch der Fantasiebereich stark vertreten. Das macht mir selber viel Spaß und den Frauen auch. Im Moment unterrichte ich Schleiertanz in allen Variationen, Tanz mit dem Säbel, dem Tamburin und mit Lichter in den Händen, Arabic Latino, Arabic Flamenco, auch mit Fächer und Pop-Baladi mit modernen Elementen. Ich experimentiere auch gerne mit Musik, die nicht so streng in die orientalische Kategorie einzuordnen ist. Tanz im Bollywood-Stil und Tanz mit der Melaya wird es jeweils einen Workshop mit Aminah geben. Sie hat bei mir an der Ausbildung teilgenommen und ist eine wirklich begabte Tänzerin und Lehrerin (was ja nicht das gleiche ist).

Welche Highlights gibt es in Deinem Studiokalender?

Ein Highlight ist das jährliche Bauchtanzfest. Meine Schülerinnen können andere Frauen mitbringen und es ist vor allem zum Selbertanzen für die Frauen. Es können auch ehemalige Schülerinnen kommen und immer häufiger ist es jetzt so, dass die Schülerinnen von Lehrerinnen, die bei mir gelernt haben, mit dabei sind. Als Einlagen gibt es dann 3-4 Showblöcke. Wer möchte, kann dann etwas vorführen. Die Atmosphäre ist immer sehr fröhlich, entspannt und alle die auftreten, bekommen einen liebevollen Applaus.

Etwas Besonderes dieses Jahr ist, dass Fatima Serin einen Workshop gibt zum Thema „Baladi im Kairoer Stil“.

Was glaubst Du, macht ein Studio überlebensfähig?

Für mich ist es die persönliche Atmosphäre im Studio. Keine Frau soll sich wie eine Nummer vorkommen. Ich korrigiere individuell und empfehle auch Körperübungen für zuhause, wenn eine Frau über Beschwerden klagt. Viele merken, wie ihnen der regelmäßige Unterricht gut tut und wie sie mit einer guten Technik als Grundlage Fortschritte machen. Das gilt vor allem für die Frauen, die nicht besonders begabt oder begnadet sind. Sie brauchen Erklärungen, Geduld und Zeit und das finden sie bei mir. Die meisten Schülerinnen bleiben über einen langen Zeitraum und in den Kursen entstehen Freundschaften untereinander.

Wie ist deine erste Jahres-Bilanz?

Inzwischen bin ich über die Kündigung an meinem ehemaligen Unterrichtsort froh, ich hätte sonst nicht den Mut zu diesem Schritt gehabt. So wie das Studio jetzt eingerichtet ist, wie die Kurse und Workshops laufen, wie das ganze Drumherum ist, entspricht es mir. Ich merke, es ist „mein“ persönlich geprägtes Studio. Ich bin vom möblierten Zimmer in die eigene Wohnung gezogen und dafür war es schon lange Zeit.

Ich bin auch sehr zufrieden, wie das Studio angenommen wird. Die Kurse sind gut bis sehr gut besucht. Ich habe wie immer eine Warteliste für Anfängerinnen . Alle fühlen sich viel wohler als in den alten Räumen. Viele neue Frauen sind dazugekommen.

Dieses erste Jahr war für mich ein Kraftakt, es war unglaublich viel zu tun. Und da ich eine Perfektionistin bin, was meine Arbeit angeht, habe ich viel Zeit und Mühe hineingesteckt. Ich hoffe, dass die Verwaltungsarbeit im und für das Studio bald zur Routine wird und ich nicht mehr soviel extra Schreibtischarbeit machen muss.

Welche künstlerischen Pläne hast du für 2005?

Ich möchte neuen Choreographien schreiben, z.B. ein arabisch-spanisches Trommelsolo, einen Zigeunertanz und neue Auftrittsstücke für mich. Vielleicht trete ich ja auch mal mit einem Bollywood-Stück auf. Ich habe auch wieder selber Workshops für meine eigene Weiterbildung besucht und das möchte ich in den Unterricht einbringen. Und dann mache ich mir Gedanken darüber, wie ich im nächsten Jahr mein 25-jähriges Unterrichtsjubiläum feiere.

Wahrscheinlich werde ich nicht alle meine Pläne in die Tat umsetzen können. Aber es gibt ja noch ein nächstes Jahr. Und immer, wenn ich ganz ungeduldig bin, denke ich an mein schönes Studio und freue mich daran.